Was brauchen wir? Was braucht die Erde?
Carsten Dohnke im Interview mit dem Frankfurter Ring, Juni 2021
(das Interview führte Brita Dahlberg vom Frankfruter Ring)
Frankfurter Ring: Was ist das Konzept Deines Trainings „Tao und Qigong –The Art of Living“?
Unser Trainingskonzept „Tao und Qigong – The Art of Living“ bietet eine einzigartige Reise der inneren Transformation, Heilung und spirituellen Entwicklung. Unser Ziel ist es, den Teilnehmern eine tiefere Verbindung zu sich selbst, zu anderen Menschen und zum Leben zu ermöglichen. Wir möchten jedem die Möglichkeit geben, seine Kreativität, sein Potenzial und seine innere Weisheit zu entfalten sowie gesünder und vitaler zu werden. Dabei spielen Qigong, Tao-Meditation und Heilbehandlungen eine zentrale Rolle.
Warum hast Du den Ansatz des Tao gewählt als Deinen Lebensweg?
Die Weisheitslehre des Tao hat mich seit meiner Kindheit fasziniert und ist heute relevanter denn je. Der Taoismus betont die Wertschätzung der Natur und die Idee, dass wir als Menschen Teil eines größeren Ganzen sind, das im Einklang mit der Natur leben sollte. Die Weisheitslehre des Tao bietet ein umfassendes System, das körperliche Stärke, Geschmeidigkeit und Vitalität ebenso schätzt wie Energiearbeit, Meditation und Heilung. Wir haben diese vielfältigen Praktiken des Taoismus im Bild des Elefanten vereint, um ihre gegenseitige Unterstützung zu verdeutlichen, insbesondere das Zusammenspiel von Körperpraktiken, Meditation und traditioneller chinesischer Medizin.
Wieso ist die Weisheitslehre des Tao so aktuell in unserer Zeit?
In unserer heutigen digitalen Zeit haben viele Menschen den Kontakt zu ihrem Körper und zur Natur verloren. Sie sind ständig im mentalen Modus, fühlen sich vom hektischen Alltag überfordert und sind permanentem Stress ausgesetzt. Meiner Meinung nach reicht es nicht aus, einfach nur zu meditieren und abzuschalten, obwohl das eine wunderbare Praxis ist, die ich gerne lehre. Wir müssen auch unseren Körper neu entdecken und unsere Lebensenergie kultivieren, um innere Transformation, Lebendigkeit und Heilung zu erfahren. Qigong, Taiji und taoistische Meditationen helfen dabei, bei sich selbst anzukommen, die eigene Mitte zu stärken und gut geerdet zu sein. Angesichts der großen Herausforderungen unserer Zeit wie dem Klimawandel und dem Verlust der Artenvielfalt sind innere Veränderungen ebenso wichtig wie politische Maßnahmen. Nur wenn wir uns als Teil des Lebens und der Natur fühlen, sind wir bereit, notwendige Veränderungen von innen heraus zu unterstützen.
Du sprichst oft von Heilung auf den fünf Seins-Ebenen. Was ist damit gemeint?
Wir sind komplexe und vielschichtige Wesen. Um innere Transformation und spirituelles Wachstum zu ermöglichen, ist es nach meiner Ansicht wichtig, alle unsere Seins-Ebenen zu integrieren. Das ist ein Kernpunkt unseres Trainings und aller Seminare. Diese Ebenen sind gleichzeitig Ebenen der Heilung und Integration. Es handelt sich dabei um eine alte „innere Landkarte unserer Existenz “ aus dem asiatischen Raum, die eins zu eins mit der Weisheitslehre des Tao konform geht. Unsere verscheidenen Seins-Ebenen wie z.B. der physische oder emotionale Bereich werden dabei als “Körper” bezeichnet. Auch Konzepte moderner Therapieformen, wie z.B. die Neurobiologie von Dr. Klinghardt, basieren auf dieser Landkarte.
Kannst Du diese „innere Landkarte“ genauer erläutern?
Diese Landkarte erläutert die Verbindung von unserem Körper und Geist. Sie sagt aus, dass die Arbeit mit unserem physischen Körper und unserer Energie die Basis ist für Heilung und Veränderung. Unser physischer Körper entspricht dabei unserer grundlegenden Seins-Ebene. Die Lebenskraft, die wir in uns spüren, ist unsere zweite Seins-Ebene. Diese wird auch energetischer Körper genannt. Man kann z.B. recht gesund sein, aber trotzdem erschöpft. Dann hätte man ein Manko auf der zweiten Ebene. Langfristig würde sich das natürlich auch körperlich und emotional bemerkbar machen.
Unser mentaler Körper, auch emotionaler Bereich genannt, ist unsere dritte Seins-Ebene. Klingt komplex, ist aber einfach: Hier werden unsere persönlichen Erfahrungen gespeichert. Somit ist er auch der Ort unserer Emotionen, unverarbeiteten Konflikte und Traumata. Auch unsere Glaubenssätze entstehen hier. Diese Ebene mit einzubeziehen ist von großer Wichtigkeit. Denn wenn wir unsere Schattenseiten und Konflikte nicht integrieren und lösen können, ist es so, als ob wir beim Autofahren stets auf die Bremse treten. Wir werden nirgendwo ankommen. Daher ist diese Ebene eine der größten Blockaden auf dem Weg von Wachstum und Erkenntnis. Viele innere Praktiken sind auf diese Ebene spezialisiert.
Die vierte und fünfte Seins-Ebene werden als intuitiver Körper und Ebene des Geistes oder der Einheit bezeichnet. In geführten und stillen Meditationen können wir hiermit in Verbindung treten. In der vierten Seins-Ebene erlebt man ein Schmelzen der eigenen Grenzen und eine Anbindung an die Kräfte des Kosmos. Diese Ebene kann alte Themen in der Ahnenlinie und im Familiennetzwerk lösen und verbindet uns gleichzeitig mit kosmischen Energien. Manchmal kommt es hier auch zu außerkörperlichen Phänomenen, Visionen oder ähnlichem. In vielen Tao-Meditationen betritt man bewusst diese Dimension. Zum einen weil hier alte Themen aufgelöst werden können, zum anderen weil sie ermöglicht, kosmische Kräfte und Informationen „wie ein Download“ in den eigenen Zellen zu speichern.
Die Ebene des Geistes wird auch auch als Ebene der Non-Dualität bezeichnet. Zentrales Element dieser Ebene ist, wie das Wort schon sagt, dass wir hier „Erfahrungen der Einheit“ machen, also ein Schmelzen mit dem „Sein“, dem „Tao“ erleben. In stiller Meditation kann diese Dimension manchmal ganz fein wie ein Geschmack durchscheinen. Hier treten wir in eine Art Zeitlosigkeit ein, wie eine Rückkehr an unseren Ursprung. Anders ausgedrückt: „Weil wir innerlich leer werden, kann uns das Leben erfüllen“. Daher kann diese Dimension uns tiefgreifend verändern. Oft erweckt sie ein Urvertrauen in das Dasein und löst so in uns weilende Ängste und damit auch ein „inneres Getrieben sein“ auf, das ja viele Menschen in sich tragen. Zudem entfaltet sich hier eine innere Freude und Dankbarkeit, dass wir leben. Und gleichzeitig eine tiefe Demut, denn wir realisieren, das wir Teil von etwas Größerem sind. Alle mystischen Erfahrungen, egal von welcher spirituellen Tradition, ereignen sich auf dieser Ebene. Denn sie geht über unser persönliches Dasein hinaus. Das gesamte Tao-Te-Jing, der Klassiker des Taoismus, ist von der Ebene des Geistes durchdrungen. Das Zeichen „Tao“ bedeutet ja auch „Geist“, „Uranfang“ oder „Sein“.
Wir wirken die fünf Seins-Ebenen zusammen?
Die fünf Seins-Ebenen sind alle vernetzt. Und diese Vernetzung hält einige interessante Erkenntnisse für uns bereit:
Wie schon gesagt bilden unser Körper und unsere Lebensenergie die Basis für Heilung, Entfaltung und Wachstum.
Wirkliche innere Transformation ereignet sich aber auf den höheren Seins-Ebenen, diese gehören ja auch zum Bereich des Unbewussten und der Transzendenz. Hier werden 99% unserer Entscheidungen getroffen. Die Erfahrungen und Einsichten, die wir hier gewinnen, wirken wie neue Impulse auf seelischer Ebene und haben eine unglaubliche Kraft. Sie können aber nur in die Welt gebracht und gelebt werden, wenn wir uns auch körperlich frei, lebendig und vital fühlen. Wenn wir in einer Meditation eine spirituelle Erfahrung machen oder wahrnehmen, wie sich ein kreatives Potenzial im unserem Leben entfalten möchte, dann können wir das nur umsetzen, wenn unser Körper und unsere Energie da mitspielen. Ansonsten verblassen diese Erfahrungen in uns wie ein schöner Traum und werden nichts mit unserem Alltag zu tun haben.
Die Arbeit mit der dritten Seins-Ebene, dem mentalen Körper, ist von größter Wichtigkeit. Denn unverarbeitete Emotionen, Traumata und verneinende Glaubenssätze wie z.B. “Ich darf und kann nicht gesund sein” bestimmen unbewußt unser ganzes Leben. Hier dreht es sich eigentlich um die Aufarbeitung unserer Lebensgeschichte. Blockierungen auf dieser Ebene schränken unsere Lebensenergie und körperliche Verfassung immens ein. Zudem wirken sie auch wie ein Deckel für die höheren Seinsebenen. Sie schneiden unsere Verbindung zu unser inneren Weisheit, zu verborgenen Potenzialen und “zum Tao” in uns ab.
Die ersten drei Seins-Ebenen betreffen unsere Persönlichkeit, die vierte und fünfte Ebene gehen weit darüber hinaus. Beide haben mit den großen Themen des Lebens zu tun wie: „Was ist Leben“, Wer bin ich“, „Wie können wir Leiden auflösen“ oder den großen Frage der Mystik wie z.B.: „Gibt es etwas, dass nie geboren wurde und nie stirbt“? Deshalb steckt in ihnen ein enormes Potenzial. Die Taoisten und alle spirituellen Systeme betonen bewusst stets die Meditation und innere Einkehr. Disharmonien und Defizite, die wir auf einer Ebene wahrnehmen, sind nicht unbedingt hier entstanden. So haben viele körperliche Schwächen oder Erkrankungen ihre Ursache in seelischen Konflikten auf der dritten oder vierten Ebene. Damit wäre auch die Lösung oder Heilung auf diesen Ebenen. Dies körperlich zu erfahren, ist für viele Menschen wie ein „Game Changer“.
Es gibt Impulse von unten nach oben und von oben nach unten. Veränderungen im physischen oder energetischen Körper bewirken eine neue Öffnung für Impulse und Energien der höheren Seins-Ebenen. Meditative Erfahrungen im intuitiven Körper oder auf der Ebene des Geistes wirken auch heilend auf die unteren Ebenen.
Als Symbol für das Zusammenwirken der fünf Ebenen des Seins haben wir übrigens einen Eisberg im Ozean gewählt. Der Ozean symboliert dabei die Ebene der Non-Dualität oder das Tao. Diese Ebene geht nach Ansicht aller spirituellen Traditionen über unser jetziges Leben hinaus, hat aber mit unserer Individualität nichts mehr zu tun. Interessant ist auch, dass der Eisberg eigentlich nur gefrorenes Wasser oder “gefrorener Ozean” ist, also Lebendigkeit in strukturierter und teils stagnierter Form. Im Westen nennen wir das gerne “Persönlichkeit”.
Warum hast Du auch westliche Ansätze zum Stressabbau und für Selbstentwicklung integriert?
Weil die dritte Seins-Ebene, also die Ebene unserer Emotionen und inneren Verletzungen, so immens wichtig ist. Auch in der Weisheitslehre des Tao wird diese Ebene beachtet. Aber nicht jeder Seminar-Teilnehmer kann endlos lange meditieren, um innere Themen zu lösen. Zudem sind viele Menschen in dieser digitalen Zeit in ihren Stressmustern und Gedankenwelten wie gefangen. Und moderne westliche Techniken aus dem Bereich Stressabbau, Therapie, Wahrnehmung oder Coaching wirken sehr effektiv, denn sie sind genau auf diese Ebene spezialisiert und für uns konzipiert.
Ein Beispiel dafür ist die Tao-Kommunikation, die wir gerne in alle Seminare integrieren – eine meditative Form der Kommunikation, in der man wie ein Heiliger einer anderen Person länger vom Herzen zuhört und ihr am Ende mitteilt, welche positiven Qualitäten man in ihr sieht oder was vielleicht als nächster Schritt im Leben anliegt. Viele Teilnehmer sind davon tief berührt und oft kommt es dabei zur Heilung alter Themen und zu neuen kreativen Prozessen.
Obwohl dies keine therapeutische Praxis sein soll, hat sie sehr heilende Qualitäten. Denn unsere emotionalen Verletzungen sind generell in Beziehung mit anderen Menschen entstanden, weil wir uns nicht geliebt, verletzt, übergangen, nicht angenommen oder nicht gesehen fühlten. Daher können sie auch im Beziehungsraum am leichtesten geheilt werden. Dazu braucht es aber die mitfühlende Präsenz einer anderen Person. Eine Kommunikationsform, in der uns jemand vom Herzen wahrnimmt, zuhört und unsere inneren Qualitäten wertschätzt, ist daher Gold wert.
Ich gebe hierzu mal ein Beispiel: Viele spirituell interessierte Menschen fahren gerne nach Asien oder auch in andere Länder, um dort einen Meister oder eine spirituelle Meisterin aufzusuchen. Und was wünscht man sich, wenn man so eine lange Reise macht? Das der Meister gerade sehr beschäftigt ist, wenn man ihn antrifft und einem dann ein Buch gibt mit vielen Übungen, die man die nächsten Jahre machen soll? Niemand wünscht sich das. Denn es berührt uns nicht. Wir wünschen uns, dass wir in unserem Sein erkannt und gewürdigt werden. Das uns jemand zuhört, unser Leid und unser Potenzial erkennt und auch bezeugt. Das kann lebensverändernd wirken, denn erst dieser liebevolle Kontakt lässt verborgene Qualitäten von uns in ein größeres Feld eintreten und macht sie dadurch lebendig. Und als kurze Frage: wer kann heutzutage schon wirklich zuhören?
Welche Beziehung besteht zwischen den Fünf Ebenen des Seins und der sozialen Ebene?
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Prozesse der Heilung, Transformation und spirituelle Erkenntnisse leichter möglich sind, wenn alle Seins-Ebenen fördernd zusammenwirken. Das macht die Seminare und besonders unser Training „Tao und Qigong – The Art of Living“ zudem sehr interessant. Gleichzeitig sind wir auch soziale Wesen. Daher braucht es für Heilung generell auch eine soziale Ebene, eine „Wir-Ebene“, wie schon der moderne Philosoph Ken Wilber sagte. Denn Heilung bedeutet ja auch Ganzwerdung. Als Individuen könnten wir nicht einmal überleben. Und je enger die Beziehungen, die wir eingehen, desto größer sind ja oft die Probleme. Für unsere „Ent-Wicklung“ sind Praktiken in Gruppen oder mit einem Partner daher sehr förderlich – Praktiken, in denen wir uns berühren, fühlen oder wahrnehmen. Das ist besonders auf spiritueller Ebene sehr interessant.
Unterstützt die soziale Ebene denn auch den spirituellen Fortschritt?
Viele Menschen denken bei spirituellen Erlebnissen an Licht- und Energieerfahrungen. Oder an Zustände tiefer Stille. Das allein trifft aber nicht den Kern: Alle spirituellen Traditionen betonen, dass wir von etwas berührt und durchflutet werden, dass größer ist als unsere persönliche Existenz. Daher wird ja auch immer vom „Tao“, vom „Göttlichen“ etc. gesprochen. In einer mystischen Erfahrung kommt es dabei gar zur Auflösung unserer Person. Das, was uns berührt, ist ja nichts außerhalb von uns oder weit weg, sondern in anderen Worten „das Sein“ an sich. Insofern haben Praktiken, in denen wir lernen andere wahrzunehmen und zu fühlen auch eine vorbereitende mystische Qualität. Denn ein Mensch, der uns tief berührt, weil wir ihm einfach zuhören und dabei vom ganzen Herzen präsent sind, symbolisiert ja in diesem Moment das Leben.
In der Realität erlebe ich hier allerdings oft eine Abspaltung: unerlöste Themen des „verletzten Kindes“ und die Unfähigkeit gesunde soziale Bindungen einzugehen führen oft dazu, dass Menschen in ihrer Einsamkeit Trost und Erlösung im Göttlichen, bei einem Guru oder in der Abgeschiedenheit der Meditation suchen. Oder sie überdecken die inneren Verletzungen mit körperlicher Stärke, permanentem Tun und Machen oder einem stetigen„sich beweisen wollen“. Oft so geschickt, dass sie diese gar nicht mehr wahrnehmen. So funktioniert das aber nicht. Man ist dann voll in einer Projektion gelandet. Das Resultat dieser inneren Abspaltung bekommt man dann im Leben immer wieder serviert. Enge und intime Beziehungen sind da der beste Lehrmeister, wie auch alle Therapeuten wissen.
Und inwiefern hat unsere spirituelle Entwicklung einen Einfluss auf unser Handeln?
Da komme ich noch einmal auf den Anfang zurück: Wir leben nicht mehr vor 2000 Jahren und begegnen gerade den größten Umwälzungen der Menschheitsgeschichte: der Klimakrise, dem Sterben der Meere und der Artenvielfalt. Das ist alleine schon traurig genug. Noch trauriger ist, dass wir dazu im Kleinen wie im Großen nur zusammenarbeiten und vom Herzen kommunizieren müssten. Das können wir aber anscheinend nicht. Wir kreisen zu sehr um uns selbst, gefangen in unseren Konflikten und Ängsten, ohne eine tiefe Version, wer wir sind. Da wir in der Regel keinen wirklichen inneren Kontakt zu uns selbst haben, können wir auch keine tiefen Beziehungen zu anderen Menschen, zur Natur oder gar zum Leben, zum „Tao“ erfahren. Geschweige denn 20 oder 50 Jahre voraus fühlen. Das ist der Grund, warum viele Menschen, Unternehmen und Regierungen, solange sie nicht immens direkt betroffen waren, bisher versuchten, die Veränderungen der Welt, den Klimawandel und das Sterben der Arten zu ignorieren. Oder alles Handeln aufzuschieben. Der Kernsatz war und ist immer noch für viele: „Wichtig ist, dass wir billig davonkommen!“ Wir erleben uns bisher nicht als Gast auf dieser Erde und als ein Teil der Natur. Daher fühlen wir in unserem Herzen auch keine wahrhafte Verbindung zur Natur, die ja automatisch zu einem neuen ethischen Handeln führt. Wenn sich unsere Sichtweise nicht recht schnell ändert, hat das dramatische Folgen für unser Leben auf der Erde, wie wir alle wissen. Insofern bieten uns spirituelle Praktiken eine riesige Chance. Und weil die Weisheitslehre des Tao in all ihren Facetten diese Verbindung zu uns selbst, zur Natur und zum Leben so betont, ist die Lehre des Tao meines Erachtens heutzutage so aktuell, wie nie zuvor.
Haben diese Erkenntnisse Dein Training beeinflusst?
Definitiv! All das hat mich und auch meine Partnerin Dewi motiviert für die Gestaltung eines neuen Trainings. Auch die Seminare haben sich dadurch verändert. Zusammengefasst lässt sich sagen: es dreht sich um jeden Einzelnen von uns und um das Leben. Anders ausgedrückt: Gesundheit, Qigong, auch Stärkung des Körpers und Vitalität sowie die Aufarbeitung unser Schattenseite sind uns immens wichtig. Noch wichtiger ist uns aber, dass wir eine neue innere Vision bekommen, wer wir sind, und uns als Teil eines größeren Ganzen erfahren. In der Mystik spricht man ja auch von der Entdeckung unserer wahren Natur. Aus dieser höheren Sicht, Einbettung, inneren Berühtheit und vielleicht auch Demut kann sich dann unser Handeln leichter verändern. Und zudem können wir so unsere innere Weisheit, Kreativität und bisher verborgene Potentiale leben.
Was liegt Dir oder Euch in den Seminaren oder im Training „Tao und Qiong – The Art of Living“ besonders am Herzen?
Wie etwas beginnt. Man bezeichnet das auch als das Gesetz des Anfangs. „Jeder Anfang trägt ein Geheimnis inne“, wie schon Hermann Hesse sagte. Daher ist es wichtig, wie etwas beginnt. Das Zeichen „Tao“ besteht ja auch aus den Elementen „Kopf“ und „Fuß“, wörtlich übersetzt „Der Anfang, der sich manifestiert“. Unsere wahre Natur, die Ebene des Geistes oder das Tao sind ja schon da. Das Tao muss also nicht neu erschaffen werden. Unsere Persönlichkeit verdeckt es nur. Es ist schon da, hier und jetzt. Wenn wir daher mit einem Fokus auf „machen und üben beginnen“, mit dem Wunsch „besser zu werden“, enden wir generell im Üben. Die Seele steigt dann schnell aus und unsere Persönlichkeit übernimmt. So hören wir auf, die Gegenwärtigkeit wahrzunehmen, zu fühlen „was ist“. Wenn wir aber mit Präsenz und dem Schätzen des Augenblicks beginnen und das auch weiter praktizieren, beginnen und enden wir im Sein. Erst dann zeigt sich das Leben in seiner Tiefe. Das braucht aber etwas Zeit und auch Stille. Denn das „Tao“ spricht nicht so laut. Alle Weisheit und tiefe Erkenntnis beginnen hier.